Martha Brotherton

 

Am 13. Juli 1842 sandte Martha Brotherton John C. Bennett einen Brief, indem sie erklärte:

 

„Sehr gehrter Herr, -

Ich verließ Warsaw vor Kurzem, um in diese Stadt zu kommen, und da ich von Ihnen aufgefordert wurde… herauszukommen und der Welt die Tatsachen in Bezug auf bestimmte Anträge offen zu legen, die mir gegenüber in Nauvoo von einigen Mormonenführern gemacht wurden, werde ich jetzt fortfahren, ihrer Aufforderung nachzukommen… Ich war fast drei Wochen in Nauvoo gewesen, währenddessen die Familie meines Vaters ständig Besuch von den Ältesten Brigham Young und Heber C. Kimball bekam, zwei der Mormonenapostel, als sie beide eines Morgens früh zum Haus meines Schwagers (John Mellwrick) kamen, wo ich mich damals zu Besuch befand, und sie baten besonders mich, mitzugehen und einige Tage mit ihnen zu verbringen. Ich sagte ihnen, dass ich es zu der Zeit nicht könnte… sie drängten mich, am nächsten Tag mitzugehen, und ich verbrachte einen Tag mit ihnen. Da es ein schöner Tag war, ging ich mit. Als ich am Fuße des Hügels ankam, kamen Young und Kimball zu mir… Kimball wandte sich zu mir und sagte: ‚Matha, ich möchte, dass Sie meiner Frau sagen, wenn Sie zu meinem Haus gehen, dass Sie einiges in Josephs Laden kaufen möchten… Kimball und ich gingen zusammen zum Laden. Während wir so gingen, sagte er: ‚Schwester Martha, sind Sie bereit, alles zu tun, was der Prophet von Ihnen verlangt?’ Ich sagte, dass ich glaubte, dass ich bereit wäre, da ich natürlich dachte, dass er nichts Falsches verlangen würde… Er bemerkte weiter: ‚Martha, Sie müssen lernen, Ihre Zunge im Zaum zu behalten, und dann wird es wohl mit Ihnen sein. Sie werden Joseph sehen und sehr wahrscheinlich ein Gespräch mit ihm haben, und er wird Ihnen sagen, was Sie tun sollen.’ Als wir das Gebäude erreichten, führte er mich einige Stufen hinauf in ein kleines Zimmer, dessen Tür verschlossen war, und darauf befand sich folgende Inschrift: ‚Zutritt verboten.’… Young kam herein und setzte sich vor mich und fragte, wo Kimball wäre. Ich sagte, dass er hinausgegangen wäre. Er sagte, dass es in Ordnung wäre. Bald danach kam Joseph herein… Ich wurde von Young dem Propheten vorgestellt. Joseph bot mir seinen Sitzplatz an und zu meinem Erstaunen gingen in dem Augenblick, als ich mich setzte, Joseph und Kimball aus dem Raum und ließen mich mit Young zurück, der aufstand und die Tür verschloss, das Fenster schloss und den Vorhang zuzog. Dann kam er und setzte sich vor mich und sagte: ‚Dies ist unser Privatraum, Martha.’… ‚Nun’, sagte er, ‚ was sind Ihre Gefühle mir gegenüber?’ Ich antwortete: ‚Meine Gefühle sind Ihnen gegenüber einfach dieselben wie sie immer waren, Sir.’ ‚Aber, um auf den Punkt zu kommen’, sagte er, ‚haben Sie keine Zuneigung mir gegenüber, so dass Sie, wenn es gesetzmäßig und richtig wäre, mich ALS IHREN EHEMANN und Gefährten AKZEPTIEREN könnten?’ Meine Gefühle waren in diesem Augenblick unbeschreiblich. Nur Gott kennt sie. Was, dachte ich, sind diese Männer, die ich für fast vollkommen hielt, Betrüger?... So hielt ich es für das Beste, um Zeit zum darüber Nachdenken und Beten zu bitten. Deshalb sagte ich: ‚Wenn es gesetzmäßig und richtig wäre, würde ich es vielleicht tun; aber Sie wissen, Sir, ES IST NICHT RICHTIG.’ ‚Nun aber,’ sagte er, ‚Bruder Joseph hat eine Offenbarung von Gott gehabt, dass es für einen Mann gesetzmäßig und richtig ist, zwei Frauen zu haben;… und wenn Sie mich in dieser Welt haben wollen, werde ich Sie in der kommen Welt haben, und Bruder Joseph wird uns heute hier verheiraten und Sie können heute Abend nach Hause gehen und Ihre Eltern werden nichts darüber wissen.’… ‚Ich möchte Zeit, um darüber nachzudenken,’ sagte ich. ‚Gut’, sagte er, ‚ich will sowieso einen Kuss haben.’ Und dann stand er auf und sagte, er würde Joseph holen. Dann schloss er die Tür auf und nahm den Schlüssel und schloss mich allein ein. Er war ungefähr zehn Minuten abwesend und kam dann mit Joseph zurück. ‚Nun’, sagte Young, ‚Schwester Martha wäre bereit, wenn sie wüsste, dass es vor Gott gesetzmäßig und richtig wäre.’ Nun, Martha’, sagte Joseph, ‚es ist vor Gott gesetzmäßig und richtig – ich weiß es… ich weiß, dass Brigham für Sie sorgen wird, und wenn er Ihnen gegenüber seine Pflicht nicht erfüllt, kommen Sie zu mir, und ich werde ihn dazu bringen; und wenn es Ihnen in ein oder zwei Monaten nicht gefällt, kommen Sie zu mir und ich werde Sie wieder freigeben; und wenn er Sie abschaltet, werde ich Sie anschalten.’ ‚Sir’, sagte ich ziemlich hitzig, ‚es wird zu spät sein, erst nach ein oder zwei Monaten darüber nachzudenken. Ich möchte Zeit, erst darüber nachzudenken.’ ’Nun aber’, sagte er, ‚das alte Sprichwort heißt: Wer wagt, der nicht gewinnt.’…’Nun dann’, sagte Joseph, ‚wovor fürchten Sie sich, Schwester? Kommen Sie, lassen mich die Sache für Sie erledigen.’ ‚Sir’, sagte ich, ‚geben Sie mir ein wenig Zeit, darüber nachzudenken, und ich verspreche, es niemandem gegenüber zu erwähnen.’… Ich erhob mich dann, um zu gehen, als Joseph begann, mich wieder anzubetteln. Er sagte, es wäre die beste Gelegenheit, die sie für Monate hätten, da der Raum oft benutzt würde. Ich war aber entschlossen. ‚Nun’, sagte Young, ‚ich werde Sie morgen sehen. Ich werde im Schulgebäude predigen, Ihrem Haus gegenüber. Ich habe dort noch nie gepredigt; Sie werden dort sein, vermute ich.’ ‚Ja’, sagte ich. – Am nächsten Tag, der Sonntag war,… hielt Young mich an und sagte: ‚Warten Sie, Martha, ich komme.’ Ich sagte: ‚Ich kann nicht; meine Schwester wartet auf mich.’ Er warf dann seinen Mantel über seine Schulter und folgte mir und flüsterte: ‚Haben Sie sich entschieden, Martha?’ ‚Nicht genau, Sir’, sagte ich, und wir trennten uns. Ich werde zu einem Friedensrichter gehen und einen Eid über die Wahrheit dieser Aussagen ablegen und Ihnen steht es frei, sie zu verwenden, wie Sie es für das Beste halten.

                                                                               Hochachtungsvoll

                                                                               Martha H. Brotherton.

 

‚Vor mir vereidigt und unterzeichnet an diesem 13. Tag des Juli 1842.

                                                                                Du Bouffay Fremon,

                                         Friedensrichter für die St. Louis-Grafschaft.’“

(History of the Saints, 1842, Seite 236-240)

 

Unter dem Datum des 1. August 1842 erschien folgende Erklärung im Latter-Day Saints Millenial Star:

 

„Unter den Auffallendsten dieser Abtrünnigen würden wir eine junge Frau erwähnen, die… sich den Plan ausdachte, Freundschaft und außerordentliche Bekanntheit in der Welt zu bekommen… Dementsprechend wählte sie sich Präsident Smith und Elder B. Young als ihre Opfer aus und schrieb nach England, dass diese Männer versucht hätten, sie zu verführen, indem sie sie glauben lassen wollten, dass Gott eine Offenbarung gegeben hätte, dass Männer ZWEI FRAUEN HABEN KÖNNTEN;…

Aber zur Information für diejenigen, die von diesen TÖRICHTEN GESCHICHTEN ÜBER ZWEI FRAUEN überfallen worden sein mögen, SOLLTEN WIR SAGEN, DASS NIE SOLCH EIN GRUNDSATZ UNTER DEN HEILIGEN DER LETZTEN TAGE EXISTIERTE UND NIE EXISTIEREN WIRD; dies ist allen wohl bekannt, die mit unseren Büchern und Taten vertraut sind…“ (Millenial Star, Bd. 3, S. 73-74)

 

Die Mormonenzeitung The Wasp unternahm einen bösartigen Angriff auf den Charakter von Martha Brotherton: „…und John C. Bennett, der Zuhälter und Riegenführer solch ÜBLER HUREN WIE MARTHA H. BROTHERTON und ihrer Vorgängerin, der alten Jezebel, die die Hunde fraßen: möge ungestraft gedeihen!“ (The Wasp, 27. August 1842, Seite 2)

Brigham Young gab eine beeidete Erklärung ab, in der er Martha Brotherton Anschuldigungen absolut bestritt:

 

„Ich bezeuge hiermit, dass die beeidete Erklärung von Miss Martha Brotherton, die in den politischen und religiösen Zeitungen die Runde macht, EINE GRUNDLEGENDE UNWAHRHEIT IST, in Bezug auf jeden privaten Umgang oder ungesetzliches Verhalten oder Gespräch mit mir.

 

                                                                                           BRIGHAM YOUNG

Vor mir vereidigt und unterzeichnet an diesem 27. Tag des August 1842.

                                                                                            E. ROBINSON, J. P.“

 

Diese beeidete Erklärung wurde in Affidavits and Certificats, Disproving the Statements and Affidavits Contained in John C. Bennett’s Letters, Nauvoo, 31. Aug. 1842 veröffentlicht. In dieser Veröffentlichung ist auch ein Zertifikat von William Marks enthalten, in der er erklärte: “Weil John C. Bennett mich aufgefordert hat… heraus zu kommen und die Aussagen zu bestätigen, die er in Bezug auf Joseph Smith und andere gemacht hat, ergreife ich die Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu sagen, dass ich weiß, dass viele dieser Aussagen falsch sind… Ich weiß von KEINER ORDNUNG IN DER KIRCHE, DIE EINE VIELHEIT VON FRAUEN ERLAUBT und ich glaube nicht, dass Joseph Smith je eine solche Lehre lehrte…“

 

Die Zeit hat natürlich gezeigt, dass die Vielehe gelehrt wurde, und obwohl Brigham Young Martha Brothertons beeidete Erklärung eine „grundlegende Unwahrheit“ nannte, scheint Stanley S. Ivins Nachforschung in den „Endowment House Records“ für den 16. August 1869 bis zum 30. September 1870 zu zeigen, dass es an der Geschichte eine Menge Wahrheit gegeben haben kann, Brigham Young muss in Martha Brotherton verliebt gewesen sein, denn nach ihrem Tod hatte er sie an sich für die Ewigkeit siegeln lassen. Diese „stellvertretende“ Heirat geschah am 1. August 1870. Wenn die Geschichte, die Martha Brotherton erzählte, eine „grundlegende Unwahrheit“ wäre und wenn sie eine von Bennetts „üblen Huren“ wäre, warum LIESS BRIGHAM YOUNG SIE NACH IHREM TOD AN SICH SIEGELN?

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Das Thema Vielehe wird bei den Mormonen tabuisiert, obwohl sie bis Anfang des 20. Jahrhunderts zur zentralen Lehre der Mormonenkirche gehörte.
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