Sarah-Pratt-Affäre

 

In seinem Buch The History of the Saints machte John C. Bennett folgende Aussage über Sarah Pratt, die Frau des Apostels Orson Pratts:

 

„Ihr Mann wurde nach Europa gesandt, um Heiden zu bekehren, unter einem feierlichen Versprechen, dass für seine Familie auf ehrenhafte Weise durch die Kirche gesorgt werden würde; aber, da Mrs. Pratt eine wunderschöne und bezaubernde Frau war, war Joe’s tatsächliches Ziel, SIE in anderer Hinsicht ZU BEKEHREN – von der Tugend weg,… sobald ihr Ehemann den Ozean überquert hatte, befahl Joe den Bischöfen, ihre Rationen einzuschränken…

Joe Smith erzählte mir im Vertrauen, dass er während der Abwesenheit ihres Mannes beabsichtigte, Mrs. Pratt zu einer seiner geistigen Frauen zu machen,… denn der Herr hätte sie ihm als besondere Gunst für seine Glaubenstreue und seinen Eifer gegeben; und, da ich Einfluss auf sie hätte, wollte er von mir, dass ich ihm bei der Durchführung seiner höllischen Absichten half; aber ich verweigerte die Einwilligung,… nach einigen Tagen… begaben wir uns zur Wohnung Mrs. Pratts und fanden sie zu Hause und allein vor,… Joe fragte sie, ob sie für ihn ein Geheimnis bewahren könnte; worauf sie zustimmte. ‚Geloben Sie mir bei Ihrer Ehre’, sagte er, ‚dass Sie es nie ohne meine Erlaubnis erzählen werden?’ Sie bejahte. Dann fuhr er fort: ‚Schwester Pratt, der Herr hat Sie mir gegeben als EINE MEINER GEISTIGEN FRAUEN. Mir sind die Segnungen Jakobs gewährt worden, wie er sie heiligen Männern seit Alters gewährte; und da ich seit Langem mit Gefallen und ernstem Begehren ehelicher Wonne auf Sie geschaut habe, hoffe ich, dass Sie mich nicht abstoßen oder zurückweisen werden.’ Sie antwortete: ‚Und ist dies das große Geheimnis, dass ich nicht ausplaudern soll? Bin ich aufgerufen, den Ehebund zu brechen und mich meinem gesetzlichen Ehemann gegenüber als abtrünnig zu erweisen? Das werde ich niemals tun… Ich glaube an keine solche Offenbarung, ich werde auch nicht einwilligen, unter keinen Umständen. Ich habe einen guten Ehemann und das ist genug für mich.’ Er ging dann fort, um Miss Louisa Beeman zu treffen…

Joe versuchte später Mrs. Pratt von der Richtigkeit seiner Geistige-Frauen-Lehre zu überzeugen und sie sagte ihm schließlich entschieden: ‚Joseph, sollten Sie je noch einmal einen derartigen Versuch unternehmen, werde ich Mr. Pratt bei seiner Rückkehr alles enthüllen. Verlassen Sie sich darauf, ich werde es tun.’ Joe antwortete: ‚Schwester Pratt, ich hoffe Sie werden mich nicht bloß stellen,… Werden Sie mir versprechen, dass Sie es nicht tun werden?... ‚Sollten Sie es erzählen’, sagte er, ‚werde ich Ihren Ruf zerstören; denken Sie daran;…’ Die Zeit verging ohne weitere Belästigung, bis eines Tages nach der Rückkehr Mr. Pratts aus Europa Joe sie in ihrem neuen Haus besuchte und, Mrs. Pratt anschauend,… sie wiederum grob beleidigte, indem er sich ihr heimlich näherte und sie küsste. Dies verletzte sie aufs Gröbste und sie erzählte es ihrem Mann, Colonel Orson Pratt, der aufs Höchste aufgebracht war und Joe ERNSTLICH RÜGTE…

Joe belog später Colonel Pratt IM NAMEN DES HERRN. Dies erschütterte seinen Glauben und er sagte dem Propheten ins Gesicht, dass er ein Lügner wäre,…“ (History of the Saints, von John C. Bennett, 1842, S. 226-232)

 

Der Mormonenapostel glaubte offensichtlich, dass Joseph Smith versucht hatte, seine Frau zu verführen. Der Mormonenschreiber T. Edgar Lyon liefert folgende Information:

 

„Zu der Zeit, als Orson Pratt im Juli 1841 nach Nauvoo aus England zurückkehrte, war er nicht vom Propheten oder von anderen Kirchenbeamten informiert worden, dass Vielehen geschlossen wurden. Als er die Gerüchte in der Stadt umgehen hörte, war er natürlicherweise erstaunt, aber ALS SEINE FRAU IHM ERZÄHLTE, DASS JOSEPH SMITH VERSUCHT HATTE, SIE WÄHREND SEINER ABWESENHEIT ZU VERFÜHREN, WAR ER SEHR ERREGT. Sie sagte, dass Bennett ihr gesagt hätte, sie solle auf Joseph aufpassen, da er plante, sie zu seiner geistigen Frau zu machen…

Der Sommer 1842 war für den Professor der Mathematik voller Prüfungen. Ohne eine Schulsitzung, die seinen Verstand hätte belegen können, machte er sich über die moralische Lage des Propheten und der Kirche sorgen. Hatte er wirklich versucht, SEINE FRAU ZU VERFÜHREN? Erzählte Bennett die Wahrheit über Joseph oder hatte Bennett es wirklich verdient, exkommuniziert zu werden? Oder sind beide, Bennett und der Prophet, Wüstlinge geworden? Wenn der Prophet SCHULDIG wäre, wie Bennett es behauptete, WAR ER DANN NOCH EIN PROPHET?

Diese und viele andere Fragen rasten durch seinen Kopf. In diesem geistigen und emotionellen Kampf, versuchte er die Vorstellung von einem Propheten Gottes, als den er Joseph immer angesehen hatte, mit dem eines Wüstlings, von dem Bennett ihn überzeugt hatte, dass Joseph es tatsächlich war, in Einklang zu bringen. In der Verzweiflung BRACH sein VERSTAND ZUSAMMEN und er irrte von Nauvoo weg. Selbst der Prophet erkannte den Ernst seines GEISTIGEN ZUSTANDS und da er einen SELBSTMORD fürchtete, handelte er entsprechend.“ („Orson Pratt – Early Mormon Leader“, M. A. Thesis von Thomas Edgar Lyon, University of Chicago, 1932, S. 26 und 28 der maschinengeschriebenen Kopie)

 

Folgendes erscheint in Joseph Smith’s History unter dem Datum des 15. Juli 1842: „Freitag, 15. – Früh am Morgen wurde berichtet, dass Elder Orson Pratt VERMISST war. Ich ließ die Tempelarbeiter und die wichtigen Männer der Stadt nach ihm suchen. Danach wurde im Hain eine Versammlung einberufen und ich gab der Öffentlichkeit einen allgemeinen Abriss über John C. Bennetts Betragen.“ (History of the Church, Bd. 5, S. 60-61)

 

Unter dem Datum des 29. August 1842 schrieb Joseph Smith: „Orson Pratt hat versucht, SICH UMZUBRINGEN, und verursachte, dass fast die ganze Stadt nach ihm suchte… Ich habe den gesamten Plan des Königreiches vor mir und sonst niemand. Und nach allem, was ORSON PRATT, Sidney Rigdon oder George W. Robinson tun können, um mich zu behindern, kann ich sie von meinen Fersen abschütteln, so viele wie man aufzählen kann; ich weiß, was aus ihnen werden wird… den ABTRÜNNIGEN und Feinden, ich werde sie bei jeder Gelegenheit auspeitschen und ich werde sie VERFLUCHEN.“ (History of the Church, Bd. 5, S. 138-139)

 

T. Edgar Lyon gibt uns in Bezug auf diese Angelegenheit folgende Information:

 

„Ebenezer Robinson, ein Mitherausgeber von Times and Seasons, sagte, dass Pratt fünf Meilen unterhalb von Nauvoo in einem Zustand des WAHNSINNS am Ufer des Mississippi sitzend gefunden wurde.

Seine Mitapostel nahmen sich seiner Sache an und bemühten sich, seine Loyalität gegenüber dem Propheten wieder zu gewinnen. Brigham Young’s Journal weist folgenden Eintrag für den 8. August 1842 auf:

 

„Mit Hilfe der Ältesten H. C. Kimball und Geo. A. Smith verbrachte ich mehrere Tage damit, mit Elder ORSON PRATT zu arbeiten, dessen VERSTAND durch den Einfluss und die Aussagen SEINER FRAU SO VERFINSTERT WURDE, dass er GEGEN JOSEPH REBELLIERTE, UND SICH WEIGERTE, SEINEM ZEUGNIS ZU GLAUBEN ODER SEINEM RAT ZU GEHORCHEN. Er sagte, er würde LIEBER SEINER FRAU ALS DEM PROPHETEN glauben. Joseph sagte ihm, wenn er seiner Frau glauben und hier ihrer Unterstellung folgen würde, WÜRDE ER ZUR HÖLLE GEHEN.

 

Aber Pratt wurde NICHT überzeugt, obwohl der Prophet ihm mit Hölle gedroht hatte, und am 20. August berichtete Brigham Young: ‚…Bruder Orson Pratt wurde aus der Kirche ausgeschlossen.’ Die Nachricht über seine Exkommunikation wurde aber nicht wie üblich weit verbreitet und er wohnte weiterhin in Nauvoo und nahm wieder die Pflichten des Lehrens auf.“ („Orson Pratt – Early Mormon Leader“, M. A. Thesis von Thomas Edgar Lyon, University of Chicago, Seite 29)

 

In Fußnote 5 auf Seite 27 seiner These, gab T. Edgar Lyon zu, dass „Josephs Verhalten in diesem ganzen Fall NICHT bewundernswert erschien.“ In einer weiteren Fußnote auf Seite 29 sagte T. Edgar Lyon: „Smiths Einstellung in dieser ganzen Affäre ist merkwürdig und lässt sich nicht erklären. Er schien nicht den Wunsch nach einer Aussöhnung mit Pratt zu haben, die ausreichend auf den Grund des Problems ging.“

Eine Bürgerversammlung in Nauvoo wurde am 22. Juli 1842 abgehalten. Joseph Smith sagte, dass „Das Ziel der Versammlung wäre, die öffentliche Meinung in Bezug auf die falschen Berichte zu korrigieren, die von Bennett und anderen in Umlauf gebracht wurden…“ (History of the Church, Bd. 5. Seite 70) Von der Versammlung wurde eine Resolution verabschiedet, die folgenden Inhalt enthielt:

„Entschluss: Da man gehört hat, dass John C. Bennett viele grundlegende Falschheiten in Bezug auf eine Reihe von Bürgern Nauvoos verbreitete, und besonders gegen unseren würdigen und angesehenen Bürgermeister Joseph Smith, verkünden wir hiermit der Welt, dass wir, so weit wir mit Joseph Smith bekannt sind, ihn als einen guten, moralischen, tugendhaften, friedlichen und patriotischen Mann und als einen intensiven Unterstützer des Gesetzes, der Justiz und der Gleichberechtigung kennen; dass er jeder Zeit die Verfassung dieses Staates und der Vereinigten Staaten hochhält und unverletzt lässt.“ (History of the Church, Bd. 5, Seite 70)

 

Joseph Smiths Geschichte, wie sie heute veröffentlicht wird, versichert uns, dass diese Resolution einstimmig angenommen wurde: „Diese Resolution wurde von der zahlreichen Versammlung EINSTIMMIG angenommen.“ (History of the Church, Bd. 5, Seite 70) Während wir über Joseph Smiths History nachforschten, fanden wir aber, dass das Wort „einstimmig“ von späteren Historikern eingefügt wurde und dass es nicht in Joseph Smiths History erschien, so wie sie das erste Mal im Millenial Star veröffentlicht wurde. Im Millenial Star lautet die Aussage: „…diese Resolution wurde von der zahlreichen Versammlung angenommen.“ (Millenium Star, Bd. 19, Seite 615)

Weiteres Nachforschen in der Mormonenzeitung The Wasp hat die Tatsache offenbart, dass die Mormonenführer diese Änderung vornahmen, um die Tatsache zu vertuschen, dass Orson Pratt und ein oder zwei andere gegen die Resolution stimmten. In der Ausgabe vom 23. Juli 1842 von The Wasp lesen wir:

„Entschluss: Da man gehört hat, dass John C. Bennett viele grundlegende Falschheiten in Bezug auf… Joseph Smith verbreitete, verkünden wir hiermit der Welt, dass wir, so weit wir mit Joseph Smith bekannt sind, ihn als einen guten, moralischen, tugendhaften, friedlichen und patriotischen Mann… kennen…

Dann wurde zur Abstimmung aufgerufen und die Resolution wurde von einer Menge von Bürgern angenommen, die ungefähr eintausend Männer zählte. Zwei oder drei STIMMTEN DAGEGEN.

ELDER ORSON PRATT erhob sich dann und sprach in einer gewissen Länge erklärend zu SEINER GEGENSTIMME.“ (The Wasp, 23. Juli 1842, Seite 3)

 

Orson Pratt und seine Frau kehrten später zur Kirche zurück. Gemäß John J. Stewart, „wurde Orson Pratt der Hauptsprecher für die Kirche bei der Verteidigung des Grundsatzes der Vielehe“. (Joseph Smith the Mormon Prophet, S. 180) Auf der anderen Seite wurde seine Frau eine erbitterte Gegnerin der Polygamie. 1886, mehr als vierzig Jahre nach den Ereignissen in Nauvoo, behauptete Sarah Pratt immer noch, dass Joseph Smith versucht hatte, sie zu verführen: „Als Bennett nach Nauvoo kam, brachte Joseph ihn zu meinem Haus und erklärte, dass Bennett etwas genäht haben wollte,… und Bennett gab mir einen großen Berg Arbeit. Er wusste, dass Joseph seine Pläne in Bezug auf mich hatte; Joseph machte vor Bennett daraus kein Geheimnis und ging in seiner Unverschämtheit so weit, dass er in der Gegenwart Bennetts, seines Busenfreundes, MIR GEGENÜBER ANTRÄGE machte

Sie sollten im Hinterkopf behalten, dass Joseph viele Jahre lang nicht an eine Heirat oder Siegelugszeremonie dachte. Er erklärte gewöhnlich seinen Opfern, wie auch mir gegenüber: ‚Gott kümmert es nicht, wenn wir eine gute Zeit miteinander haben, solange andere Leute nichts davon erfahren.’ Er bot nur eine Ehezeremonie an, wenn er herausgefunden hatte, dass er bestimmte Frauen nicht ohnedem bekommen konnte. Ich denke, Louisa Beeman war der erste Fall dieser Art. Wenn irgendeine Frau, wie ich, sich seinen Wünschen widersetzte, sagte er gewöhnlich: ‚Schweige oder ich werde deinen Ruf ruinieren. Mein Ruf muss im Interesse der Kirche aufrecht erhalten bleiben.’“ (Erklärung von Sarah Pratt, wie in Mormon Portraits, S. 61-62 zitiert)

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Das Thema Vielehe wird bei den Mormonen tabuisiert, obwohl sie bis Anfang des 20. Jahrhunderts zur zentralen Lehre der Mormonenkirche gehörte.
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