Taylors Offenbarung von 1886

 

Die „Fundamentalisten“ behaupten, dass John Taylor, der dritte Präsident der Mormonenkirche, am 27. September 1886 eine Offenbarung gab, die erklärte, dass der Herr das Gesetz in Bezug auf die Polygamie nicht widerrufen würde. In dieser Offenbarung erklärte der Herr angeblich:

 

„Mein Sohn John. Du hast mich in Bezug auf den neuen & ewigen Bund befragt, inwieweit es für mein Volk bindend ist.

So spricht der Herr. Alle Gebote, die ich gebe, müssen von denen befolgt werden, die sich bei meinem Namen nennen, es sei denn sie werden durch mich oder durch meine Vollmacht widerrufen, und nun, kann ich ein ewig währendes Bündnis widerrufen? Denn ich, der Herr, bin ewig & meine ewigen Bündnisse können nicht aufgehoben oder abgeschafft werden, sondern sie stehen für immer. Habe ich zu diesem Thema nicht in großer Klarheit mein Wort gegeben? Es gibt unter meinem Volk keine große Anzahl von Menschen, die in der Befolgung meines Gesetzes & im Halten meiner Gebote nachlässig gewesen sind, und dennoch habe ich mit ihnen all diese vielen Jahre getragen & dies wegen ihrer Schwäche, wegen der gefährlichen Zeiten & weiter, es gefällt mir mehr, dass die Menschen ihre Entscheidungsfreiheit in Bezug auf diese Angelegenheiten gebrauchen. Dennoch ändere ich, der Herr, mich & mein Wort & mein Bündnis nicht & mein Gesetz tut es nicht & wie ich es zuvor durch meinen Diener Joseph gesagt habe. All jene, die in meine Herrlichkeit eintreten wollen, müssen & werden mein Gesetz befolgen & habe ich Männern nicht geboten, wenn sie Abrahams Same wären & in meine Herrlichkeit eintreten wollen, dass sie Abrahams Werke tun müssen. Ich habe dieses Gesetz nicht widerrufen, ich werde es auch nicht tun, denn es ist ewig & diejenigen, die in meine Herrlichkeit eintreten wollen, müssen die Bedingungen dafür erfüllen. So sei es, Amen.“ (Eine Offenbarung, gegeben von John Taylor, vom 27. September 1886, die Fotokopie des Originals erscheint in 1886 Revelation – A Revelation of the Lord to John Taylor, veröffentlicht von den „Fundamentalisten“.)

Obwohl die heutigen Mormonenführer die Offenbarung verwerfen, gab einer der Mormonenapostel, Melvin J. Ballard, in einem Brief vom 31. Dezember 1934 zu, dass es solch eine Offenbarung gab und sie ohne Zweifel in der Handschrift John Taylors geschrieben war: „Die angebliche Offenbarung Präsident John Taylors trug nie seine Unterschrift, aber sie war in der Form einer Offenbarung und IN SEINER HANDSCHRIFT geschrieben; trotzdem wurde sie nie seinen Gefährten in der Präsidentschaft und den Zwölfen vorgelegt, auch nicht der Kirche und folglich verpflichtet sie die Kirche in keiner Weise. Aber trotzdem GIBT ES IN DER OFFENBARUNG NICHTS, DASS DIE KIRCHE ANFECHTET, weil die Richtigkeit dieses Grundsatzes mit Nachdruck betont wird, und die Kirche hat nie die Wahrhaftigkeit des 132. Abschnittes angefochten, als das Recht, diesen Grundsatz auszuüben vom Herrn und der Kirche gebilligt wurde.

Und wenn der Herr gewollt hätte, dass die Vielehe gemäß der Interpretation einiger über Präsident Taylors Offenbarung fortgeführt würde, hätte er Präsident Taylor erlaubt, sie zu leben und durchzusetzen, aber er nahm ihn zu sich und erhob Präsident Wilford Woodruff, der inspiriert war, das Manifest herauszugeben, das der Ausübung der Vielehe Einhalt gebot.“ (Brief von HLT-Apostel Melvin J. Ballard an Mr. Eslie D. Jenson, 31. Dez. 1934, wie in The Star of Truth, Juli 1955, Seite 227, zitiert)

 

Würden die Mormonenkirchenführer dieselbe Logik auf Joseph Smiths Offenbarung über die Polygamie (Lehre und Bündnisse, Abschn. 132) anwenden, müssten sie sie verwerfen, denn sie trägt weder seine Unterschrift darunter noch wurde sie der Kirche während seiner Lebenszeit präsentiert. Wenn diese Offenbarung „ohne Zweifel“ in der Handschrift John Taylors geschrieben war, wie Apostel Ballard behauptet, dann sollte man sie sogar als bindender als Abschnitt 132 ansehen, da diese Offenbarung nur eine Kopie (nicht in der Handschrift Joseph Smiths) des Originals ist, das Emma Smith verbrannte.

Während Apostel Ballard nicht abzustreiten versucht, dass die Offenbarung in der Handschrift John Taylors geschrieben ist, gab die Erste Präsidentschaft der Mormonenkirche einmal eine „Offizielle Erklärung“ heraus, die behauptete, dass „keine solche Offenbarung existiert“:

„Was diese angebliche Offenbarung betrifft, so sollte gesagt werden, dass die Archive der Kirche keine solche Offenbarung enthalten; die Archive enthalten keinen Bericht über irgendeine solche Offenbarung, auch gibt es keine Beweise, die einen Glauben rechtfertigen, dass je eine solche Offenbarung gegeben wurde. Auf Grund der persönlichen Kenntnis einiger von uns, auf Grund der einheitlichen und allgemeinen Erinnerung der präsidierenden Kollegien der Kirche, auf Grund des Nichtvorhandenseins von Beweisen in den Kirchenarchiven, die irgendeinen Glauben rechtfertigen würden, dass solch eine Offenbarung gegeben wurde, sind wir gerechtfertigt zu bestätigen, dass keine solche Offenbarung existiert.“ (Wie in 1886 Revelation – A Revelation of the Lord to John Taylor zitiert)

 

Diese Erklärung wurde von Heber J. Grant, A. W. Ivins und J. Reuben Clark Jun. unterzeichnet. Die „Fundamentalisten“ haben gedruckt, was angeblich „Auszüge von den Verhandlungsprotokollen von besonderen Versammlungen der Zwölf Apostel, abgehalten im Salt-Lake-Tempel am 22. Februar und 1. März 1911“ sind. Diese „Auszüge“ scheinen zu zeigen, dass die Mormonenführer die Offenbarung sehr wohl kannten und dass die Erklärung der Ersten Präsidentschaft vollkommen falsch war:

 

„Apostel John W. Taylor: Mein Vater empfing eine OFFENBARUNG, die aber nie der Kirche vorgelegt wurde, und ich beziehe mich nicht darauf, weil es eine OFFENBARUNG an meinen Vater war; ich denke nicht, dass eine OFFENBARUNG, weil sie durch ihn kam, größer wäre, als jede andere, die durch einen anderen Präsidenten der Kirche empfangen wurde, aber weil sie zu dieser Frage zu gehören scheint.

………

Apostel John W. Taylor: Es gibt zwei Dinge, auf die ich Sie aufmerksam machen möchte. Ich bin kein Politiker und in der Kirche gering, aber ich tue dies als ein Vorrecht. Diese OFFENBARUNG ist entweder wahr oder sie ist falsch. In der Annahme, dass sie wahr ist, scheint es mir, dass es besser wäre, dem Herrn nachzugeben, wenn sie nachgeben wollen, als der politischen Seite nachzugeben… Bruder Lyman, was denken Sie über die OFFENBARUNG an meinen Vater?

Präsident Francis M. Lyman: Wenn Sie mich fragen, ob ich glaube, dass sie wahr ist und dass es immer so sein wird, aber der Herr ihre Ausübung aufgeben möchte… werde ich jetzt mit meinen Frauen die ganze Zeit zusammen leben… Ich muss an der OFFENBARUNG keinen Fehler finden.

………

Präsident Francis M. Lyman: Wann haben Sie diese OFFENBARUNG gefunden?

Apostel John W. Taylor: Ich fand sie auf seinem Schreibtisch direkt nach seinem Tod, als ich zu seinem Vermögensverwalter bestimmt wurde…

Präsident Francis M. Lyman: Denken Sie, dass irgendjemand jetzt mit Vollmacht Vielehen schließen kann?

Apostel John W. Taylor: Ich denke, dass man es unter gewissen Umständen könnte, aber das würde von den Umständen abhängen.

………

Apostel Charles W. Penrose: Was sind ihre Ansichten in Bezug auf diese OFFENBARUNG?

Apostel John W. Taylor: Ich bin nicht derjenige, der über diese OFFENBARUNG entscheidet. Ich denke, Sie sind es, die es tun sollten.

………

Apostel Anthony W. Ivins: Wissen Sie, wie weit diese OFFENBARUNG in der Vergangenheit verbreitet worden ist und Leute bei ihren Handlungen diesbezüglich geleitet hat?

Apostel John W. Taylor: Bruder Joseph Robinson kam zu mir und bat auf Vorschlag von Bruder Cowley um eine Kopie davon, und er bekam sie von Bruder Cowley und er bekam sie von Bruder Badger. Bruder Joseph F. Smith Jun. erhielt ebenfalls eine Kopie, aber ich weiß nicht, wie viele davon Kopien erhielten.

………

Präsident Francis M. Lyman: Das Datum dieser OFFENBARUNG ist September 1886, vier Jahre vor dem Manifest Präsident Woodruffs, und ich erinnere mich, dass damals Präsident Taylor und alle seine Brüder in dem Grundsatz der Vielehe sehr stark verwurzelt waren. Von 1880 bis 1890 wurde Männern fast befohlen, in sie einzutreten, insbesondere die Beamten der Kirche. Wir waren alle ziemlich gut in dieser Frage engagiert… Ich würde gerne fragen, ob Sie andere ermutigt haben, Vielehefrauen zu nehmen, oder ob sie sie selbst genommen haben oder ob sie denken, dass diese Brüder, die von dieser OFFENBARUNG Kopien genommen haben, sie als Ermunterung aufgefasst haben, zum Beispiel Bruder Robinson.

Apostel John W. Taylor: Ich werde dies beantworten, indem ich Frage, ob irgendjemand, den Sie hier vor sich hatten, je gesagt hat, dass ich ihn ermuntert hätte.

Präsident Francis M. Lyman: Niemand, außer Wolff, und Sie geben zu, dass Sie ihn unter der Weisung eines höher gestellten Beamten ermuntert hätten.

Apostel David O. McKay: Ich würde gern wissen, wer der Mann ist, der Sie anwies, Bruder Wolff Anweisung zu geben, eine gewisse Gruppe zu heiraten.

Apostel John W. Taylor: Ich wollte nicht mit dem Präsidenten der Kirche streiten… Ich ging am nächsten Tag in Präsident Smiths Büro… und er sagte, dass er nie jemanden bevollmächtigt hätte, eine Vielehe zu vollziehen. Ich sage nicht, dass er derjenige ist, den ich meine, aber ich möchte über diesen Punkt nichts mehr sagen.

Apostel Hyrum M. Smith: Ich würde Brd. Taylor gern sagen, dass wir nicht ihn oder jemand anderen überreden, ihnen zu schaden, aber wir wollen einfach diesen Dingen auf den Grund gehen. Ich meine, dass Sie für die Verbreitung dieser OFFENBARUNG verantwortlich sind.

Apostel John W. Taylor: Ich bin bereit, eine zusätzliche Antwort dahin gehend zu geben, dass ich nie jemand geheiratet habe ohne die Zustimmung und Vollmacht des Präsidenten der Kirche und, wenn Sie wünschen, werde ich Ihnen die Namen derer nennen, die ich geheiratet habe, aber ich denke, dass dies unweise wäre…“ (1886 Revelation – A Revelation of the Lord to John Taylor)

Dass die Erste Präsidentschaft nicht die Wahrheit sagte, als sie behauptete, dass die Offenbarung nicht existierte, kann durch das Tagebuch des Mormonenapostels Abraham H. Cannon gezeigt werden, denn er zeigt, dass die Mormonenführer sehr wohl von der Offenbarung in den 1890ern wussten. Unter dem Datum vom 1. April 1892 berichtete er:

 

John W. Taylor [ein Apostel] sprach in Bezug auf das Manifest: ‚Ich wusste nicht, dass diese Sache richtig wäre, obwohl ich dafür stimmte, und ich werde helfen, sie zu unterstützen; aber UNTER DEN PAPIEREN MEINES VATERS FAND ICH EINE OFFENBARUNG, DIE IHM VOM HERRN GEGEBEN WURDE UND DIE SICH JETZT IN MEINEM BESITZ BEFINDET, WORIN DER HERR IHM SAGTE, DASS DER GRUNDSATZ DER VIELEHE NIE ÜBERWÄLTIGT WERDEN WÜRDE. Präs. Taylor wünschte, dass sie aufgehoben würde, aber der Herr wollte es nicht zulassen. – Nachdem John W. seine Bemerkungen beendet hatte, wurde die Versammlung auf morgen vertagt…“ (Journal of Abraham H. Cannon, 1. April 1892, Original an der Brigham-Young-Universität)

 

Der Apostel John W. Taylor schien sich auf diese Offenbarung am 30. September 1890 zu beziehen. Abraham H. Cannon zitiert ihn: „Mein Vater, als er Präsident der Kirche war, suchte nach einem Weg, dem Konflikt zwischen den Heiligen und der Regierung in der Vielehefrage aus dem Weg zu gehen, aber der Herr sagte, dass es ein ewiges und unveränderliches Gesetz wäre und bestehen bleiben müsste.“ (Journal of Abraham H. Cannon, 30. September 1890)

 

An Hand dieser Aussagen in Cannons Tagebuch können wir nur den Schluss ziehen, dass die Erste Präsidentschaft in Bezug auf die Offenbarung nicht die Wahrheit sagte, als sie ihre „Offizielle Erklärung“ herausgab. Der Mormonenschreiber Kenneth W. Godfrey erklärte: „Die Familie John Taylors behauptet, dass die Offenbarung, auf die oben Bezug genommen wird, in den Papieren des Propheten und Führers gefunden wurden und das Original dem Kirchengeschichtsschreiber gegeben wurde. Seit jener Zeit war sie der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich und der Kirchenhistoriker hat angeblich verkündet, dass sie sich nicht in der Bibliothek des Kirchengeschichtsschreiber-Büros befindet. Dean Jessee kam aber in seiner Studie zum Schluss, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass solch eine Offenbarung existiert.“ (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Herbst 1970, Seite 15, Fußnote 10)

 

Die „Fundamentalisten“ erklären, dass John Taylor eine Reihe von Männern einsetzte, ihnen Vollmacht gab, Ehen zu schließen, und ihnen sagte, dass sie die Ausübung der Vielehe fortsetzen sollten. Der Mormonenapostel John Henry Smith war bereit zuzugeben, dass John Taylor „Männer bevollmächtigt“ haben könnte, „Frauen an Männer“ außerhalb des Tempels „zu SIEGELN oder zu verheiraten“, aber er behauptete, dass diese nur „Einehen“ waren. (Reed Smoot Case, Bd. 2, Seite 295-296) Wie auch immer sich dies verhalten mag, die „Fundamentalisten“ behaupten, dass sie heute Vollmacht haben, Vielehen zu schließen und somit lebt die Ausübung der Polygamie weiter fort.

weiter

Das Thema Vielehe wird bei den Mormonen tabuisiert, obwohl sie bis Anfang des 20. Jahrhunderts zur zentralen Lehre der Mormonenkirche gehörte.
Insgesamt waren schon 10 Besucher (14 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden